Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann einen säumigen Wohnungseigentümer weder von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung ausschließen, noch ihm das Stimmrecht entziehen.
Der Fall
In der Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft war festgelegt, dass die Eigentümerversammlung einen Wohnungseigentümer, der mit der Zahlung des Wohngeldes länger als einen Monat in Verzug ist, von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung und der Abstimmung ausschließen kann.
Dementsprechend wurde der Kläger von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung am 11. Juli 2008 ausgeschlossen. Die Klägerin beantragte daraufhin sämtliche in der Eigentümerversammlung gefasste Beschlüsse für ungültig zu erklären. Amts- und Landgericht haben der Klage stattgegeben.
Die Entscheidung
Die von der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft erhobene Revision blieb erfolglos.
Der Bundesgerichtshof vertritt die Auffassung, dass eine Wohnungs- eigentümergemeinschaft weder befugt sei, einem säumigen Eigentümer die Teilnahme an einer Eigentümerversammlung zu verwehren, noch ihm das Stimmrecht zu entziehen. Die Gestaltungsfreiheit der Gemeinschaftsordnung sei nicht grenzenlos. Vielmehr müsse der Kernbereich der Mitwirkungsrechte der einzelnen Wohnungseigentümer garantiert werden. Zu diesem Kernbereich gehöre sowohl die Teilnahme an den Versammlungen der Wohnungseigentümer als auch die Wahrnehmung des Stimmrechts.
Der Ausschluss der Klägerin von der Wohnungseigentümerversammlung führt hier zur Ungültigkeit sämtlicher dort gefasster Beschlüsse, denn der Klägerin sei es verwehrt worden, durch Rede und Gegenrede Einfluss auf die Willensbildung der Gemeinschaft zu nehmen. Auf die Frage, ob die Stimme der Klägerin überhaupt ausschlaggebend für die Beschlussfassung sein konnte, kam es daher nicht an.
Fazit
Zahlungsrückständen von Wohnungseigentümern kann durch den Entzug des Stimmrechts oder gar den vollständigen Ausschluss von der Wohnungseigentümerversammlung nicht mit Aussicht auf Erfolg begegnet werden. Die Eigentümergemeinschaft ist damit aber nicht rechtlos gestellt: sie kann (selbstverständlich) den säumigen Eigentümer auf Zahlung des Wohngeldes verklagen. In besonders hartnäckigen Fällen besteht auch die Möglichkeit, den Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums zu zwingen (§ 18 WEG).
Fundstelle: Urteil des BGH vom 10. Dezember 2010 - V ZR 60/10 -, veröffentlicht in: Grundeigentum 2011 (Heft 5), Seite 345