Ausgleichsbeträge in Sanierungsgebieten falsch berechnet - hohe Rückzahlungen möglich?

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat in mehreren Berufungsverfahren den Klagen von Grundstückseigentümern gegen die Erhebung sogenannter "sanierungsrechtlicher Ausgleichsbeträge" stattgegeben.

Der Fall

In der Zeit von 1993 bis 2008 war die Spandauer Vorstadt im Bezirk Mitte zum Sanierungsgebiet erklärt worden. In dieser Zeit wurden mit öffentlichen, aber auch mit privaten Mitteln die vorhandenen Altbauten instandgesetzt sowie öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kindertagesstätten etc. verbessert bzw. neu gebaut. Nach Abschluss der Sanierung verlangte das Land Berlin von den Grundstückseigentümern sanierungsrechtliche Ausgleichsbeträge in mindestens fünfstelliger Höhe. Mit der Zahlung sollte eine (angeblich) durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Bodenwertes abgeschöpft werden.

Die Entscheidung

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berechnungen des Bezirksamts Mitte beanstandet und die Zahlungsbescheide aufgehoben.

Maßgeblich für die Entscheidung war, dass nach Ansicht des OVG auch ohne die Sanierung aufgrund privater Investitionen eine Bodenwertsteigerung zu erwarten war, für die jedoch kein Ausgleichsbetrag erhoben werden könne. Der nach der Wiedervereinigung der Stadt im Hinblick auf die besondere Lage und Qualität des Gebietes vorhandene Investitionsdruck begründe einen historisch einmaligen Sonderfall gegenüber herkömmlichen Sanierungsgebieten. Das Bezirksamt hätte deshalb ermitteln müssen, in welchem Umfang die eingetretene Bodenwertsteigerung nicht sanierungsbedingt war.

Diese Berechnungen konnten vom Gericht nicht selbst vorgenommen werden. Daher hat das OVG die Bescheide des Bezirksamts aufgehoben.

Fazit

Wenn die Entscheidungen rechtskräftig werden sollten, ergeben sich möglicherweise hohe Rückzahlungsforderungen auch für andere betroffene Eigentümer. Die Urteile des OVG dürften auch auf weitere innerstädtische Sanierungsgebiete, insbesondere im Prenzlauer Berg, übertragbar sein. Eigentümer, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen sind, könnten dann den in der Regel bereits gezahlten Ausgleichsbetrag zurückverlangen.

Jeder Eigentümer, der jetzt noch einen Bescheid erhält, sollte keinesfalls zahlen, sondern den Fall zunächst anwaltlich prüfen lassen. Achtung: Widerspruch und Klage sind fristgebunden!

Fundstelle: Urteile des OVG Berlin-Brandenburg vom 10. Juli 2017 - OVG 2 B 1.16, 2 B 7.16 und 2 B 11.16 -, Pressemitteilung vom 10. Juli 2017

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